Ansatz und Themen

Der Sinn von Wissenschaft

Meine Forschung ist praxistheoretisch informiert. Sie zielt in der langen Frist auf die Konzeption einer reflexiven Theorie der Unternehmung. Die auf Ulrich Beck zurückgehende Idee einer reflexiven Wissenschaft ist ein Desiderat der BWL und eine notwendige Bedingung dafür, die praktische Wirkmacht dieser gesellschaftlichen Leitwissenschaft in einer zunehmend dynamischeren Welt zu verantworten. Reflexivität betrachte ich daher als Schlüsselkonzept, um das Verständnis von BWL vor dem Hintergrund großer Herausforderungen (Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Migration, …) zu aktualisieren und demokratischen Fortschritt durch Wissenschaft zu ermöglichen. Mit meinem besonderen BWL-Ansatz lade ich die innovationsfreudigen Führungspersönlichkeiten ein, in neuen Größenordnungen zu denken und sich konventionellen Weisheiten zu widersetzen. Im Zusammenspiel aus Grundlagenforschung und Gestaltungsorientierung ergeben sich daraus mittelfristig drei Schwerpunktbereiche meiner Forschung.

transformative capabilities thematisieren das Verhältnis von Wirtschaft und Gesellschaft. Es geht um individuelle und kollektive Fähigkeiten in organisationalen Feldern, um strukturelle Veränderungen in den Umwelten aufzunehmen und in neue Strategien und Geschäftsmodelle sowie in veränderte Arbeits- und Geschäftsprozesse zu überführen. Das Verständnis adsorbierender und dynamischer Fähigkeiten wird somit aktualisiert über eine empirische Fundierung, um welche Fähigkeiten es dabei konkret geht, sowie über die Analyse der Transformationen im Macht- und Aktantengefüge der Wertschöpfung.

speculative design thematisiert die Rolle von Erwartungen, Visionen, Narrativen, Bildern und Vorstellungskräften im Kontext der (Re)Formulierung von Geschäftsmodellen und Produktinnovationen. Unternehmensstrategien behaupten kulturelle Wirklichkeiten, was normatives und strategisches Management als CSR adressiert. Als spekulative Praxis der Responsibilisierung rücken unternehmensethische Fragen damit von der Seite des Müssens und Sollens auf die des Könnens und Wollens. Insbesondere für das strategische Management führt die Beschäftigung mit Zukunft als dem, was wir uns heute vorstellen können, zu epistemologischen Schwierigkeiten.

strategic institutions thematisieren die für Unternehmensstrategien und -politiken zur langfristigen Wahrung erforderlichen organisationalen wie gesellschaftlichen Regel- und Bedeutungssysteme. Dabei geht es mir um den Zusammenhang von Strategie und Organisation(skultur) im Wechselverhältnis zur Gesellschaft. Im Mittelpunkt steht die formale Verfassung und die empirische Verfasstheit der Unternehmung im Kontext institutioneller Innovationen. Insbesondere die aktuellen Debatten um Unternehmen mit gebundenem Vermögen, respektive Unternehmen in Verantwortungseigentum, werfen neue Fragen für eine reflexive Theorie der Unternehmung auf.

Methodischer Dreischritt

Vergangenheit verstehen

Begriffe und Bedeutungen sind nicht zeitlos, sondern historisch. Erst im Wissen um die Grenzen der Begriffe können wir einen aufgeklärten Umgang mit ihnen entwickeln.

Gegenwart reflektieren

Kulturanalyse und -reflexion lassen uns die Geschichte der Gegenwart verstehen. Erst dann können wir den Ursachen der zeitgenössischen Krisen auf die Spur kommen.

Zukunft gestalten

Die neue Wirtschaft muss von der Überwindung der Krisen her gedacht werden. Erst dann können wir uns als Gesellschaft sowohl sicher wie auch souverän gestalten.

Meine Forschung ist durch ein starkes theoretisches Interesse in praktischer Absicht geprägt. Gemäß meinem Selbstverständnis als Wissenschaftler, der sich der Aufklärung verpflichtet sieht, lege ich Wert darauf, zwischen den kantschen Fragen »Was kann ich wissen?« und »Was soll ich tun?« zu unterscheiden. Das Verhältnis von Theorie und Praxis begreife ich daher nicht als lineare Umsetzungsaufgabe, sondern als einen reflexiven Prozess der wechselseitigen Irritation und Inspiration. Entlang meiner Arbeitsschwerpunkte und meines wissenschaftlichen Netzwerkes verorte ich mich dementsprechend fachlich in der Betriebswirtschaftslehre, arbeite jedoch inter- und transdisziplinär. Die Kooperation mit anderen Fächern und außer-wissenschaftlichen Akteur:innen, insbesondere Unternehmer:innen und Berater:innen zeichnet meinen Forschungsansatz aus.

Meine Forschung ist kulturtheoretisch fundiert über die klassischen und aktuellen Praxistheorien. Diese ermöglichen, performative Ambivalenzen und Ambiguitäten in den Blick zu nehmen und jenseits etablierter Dichotomien zu denken, wie Mensch-Organisation, Mikro-Makro oder Natur-Kultur. Mein konzeptioneller Schwerpunkt ist grundiert über dekonstruierende Methoden, um implizite Empirien (zum Beispiel imaginäre Institutionen der Unternehmung) sowie implizite Theorien (zum Beispiel Wandel- oder Ordnungsbegriffe) zu analysieren. Die Genealogie der damit verbundenen fachlichen und fachübergreifenden Wissensbestände adressiere ich durch hermeneutische Methoden der komparativen Literaturstudien. Meine konzeptionelle Arbeit differenziere und aktualisiere ich über empirische Konfrontationen. Dafür verwende ich interdisziplinäre Methoden der rekonstruierenden Sozialforschung. Mit ethnografischen und transdisziplinären Ansätzen exploriere ich zudem lokale Praktiken im Kontext unternehmenspolitischer Herausforderungen und ihrer strategischen Bewältigung. Unternehmerische Verantwortung, Kultur und Nachhaltigkeit sind dabei drei zentrale Perspektiven.